Die Bündelung der Sozialen Entschädigung in einem eigenen Buch des Sozialgesetzbuches,
dem SGB XIV

 

Allgemeines:

Das Soziale Entschädigungsrecht wird zum 1. Januar 2024 modernisiert und zu einem eigenen Buch 14 (XIV) im Sozialgesetzbuch (SGB) zusammengefasst. Vorher war die Soziale Entschädigung in vielen verschiedenen Gesetzen geregelt, weil die Leistungen über die Jahrzehnte immer wieder auf neue Bereiche ausgeweitet wurden.

 

Neuerungen zum 01.01.2024

Am 19. Dezember 2019 ist das „Gesetz zur Regelung des Sozialen Entschädigungsrechtes“ verkündet worden, wodurch das Sozialgesetzbuch 14. Buch (SGB XIV) zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt. Das Bundesversorgungsgesetz (BVG) und das Opferentschädigungsgesetz (OEG) werden mit Inkrafttreten des SGB XIV aufgehoben und Ansprüche nach diesen Gesetzen künftig über das SGB XIV abgewickelt. Für Anspruchsberechtigte sind umfangreiche Bestandschutzregelungen vorgesehen, sofern sie nicht ins neue Recht übergeleitet werden wollen. Die bisherige Differenzierung zwischen den Fürsorgeleistungen und den Versorgungsleistungen entfallen ab 2024.

 

Die Änderungen schnell erklärt:

Eine Neuerung des SGB XIV ist, dass nicht nur Opfer physischer, sondern auch psychischer Gewalt und vernachlässigte Kinder Leistungen des Sozialen Entschädigungsrechts erhalten können.
Um bei längeren Antragsverfahren schneller Unterstützung zu bekommen, wurde die „schnelle Hilfe“, wie z.B. eine Sofortige Behandlung in der Traumambulanz, eingeführt. Zusätzlich kann zur Unterstützung im Verwaltungsverfahren ein Fallmanagement gestellt werden.

Gesetzestext SGB XIV

Schädigende Ereignisse

Als schädigende Ereignisse im Sinne des Gesetzes gelten gemäß § 1 Abs. 2, §§ 14, 15 SGB XIV:

  • körperliche Gewalttaten

  • psychische Gewalttaten (z. B. Stalking)

  • vorsätzliche Vergiftungen

  • erhebliche Vernachlässigung von Kindern

  • Kriegsauswirkungen beider Weltkriege

  • Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe, die eine gesundheitliche Schädigung verursacht haben

Als Leistungen der sozialen Entschädigung kommen

  • Dienstleistungen,
  • Sachleistungen und
  • Geldleistungen in Betracht (§ 26 Abs. 1 SGB XIV)

Erleiden Personen bleibende Schäden, sieht das Gesetz monatliche Entschädigungszahlungen von bis zu 2000 Euro vor (§ 83 Abs. 1 SGB XIV).

Wer Opfer einer vorsätzlichen Gewalttat wird und dadurch eine gesundheitliche Schädigung erleidet, kann einen Anspruch auf eine Versorgung haben. Damit sollen beispielsweise besondere Opfer finanziell abgegolten werden.

Wer kann Leistung nach SGB XIV empfangen?
Leistungsberechtigt sind:
  • Geschädigte (die durch ein schädigendes Ereignis nach diesem Buch unmittelbar eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben)
  • deren Angehörige (Ehegatten sowie Kinder und Eltern von Geschädigten. Als Kinder gelten auch in den Haushalt Geschädigter aufgenommene Stiefkinder sowie Pflegekinder)
  • Hinterbliebene (Witwen, Witwer und Waisen, Eltern, Betreuungsunterhaltsberechtigte)
  • und Nahestehende (Geschwister sowie Personen, die mit Geschädigten eine Lebensgemeinschaft führen, die der Ehe ähnlich ist)

Ausländer*innen haben dieselben Ansprüche wie in Deutschland geborene.

monatliche Entschädigungsleistung und Abfindung

monatliche Enschädigungsleistung § 83 SGB XIV

Ein Wahlrecht ermöglicht den Wechsel in das neue Recht, gibt diesen jedoch nicht zwingend vor.

Geschädigte erhalten eine monatliche Entschädigungszahlung von

  • 400 Euro bei einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 und 40
  • 800 Euro bei einem Grad der Schädigungsfolgen von 50 und 60
  • 1200 Euro bei einem Grad der Schädigungsfolgen von 70 und 80
  • 1600 Euro bei einem Grad der Schädigungsfolgen von 90,
  • 2000 Euro bei einem Grad der Schädigungsfolgen von 100.

Die monatliche Entschädigungszahlung bei einem GdB vom 100 erhöht sich für Geschädigte mit schwersten Schädigungsfolgen um 20 Prozent.

Schwerste Schädigungsfolgen liegen vor bei blinden Ohnhändern oder Geschädigten mit Verlust beider Arme im Oberarm und beider Beine im Oberschenkel. Von schwersten Schädigungsfolgen ist ebenfalls auszugehen, wenn bei
  • Querschnittsgelähmten mit Blasen- und Mastdarmlähmung,
  • Hirnbeschädigten mit schweren psychischen und physischen Störungen,
  • Ohnhändern mit Verlust beider Beine im Oberschenkel,
  • blinden Doppel-Oberschenkelamputierten oder
  • Blinden mit völligem Verlust einer oberen und einer unteren Gliedmaße

eine weitere wesentliche Schädigungsfolge vorliegt, so dass der Leidenszustand vergleichbar außergewöhnlich ist wie bei anderen Geschädigten. Schwerste Schädigungsfolgen können auch andere Geschädigte mit einem GdS von 100 haben, wenn deren außergewöhnlicher Leidenszustand vergleichbar ist.
§ 83 SGB XIV

 

Abfindung § 84 SGB XIV

Die Abfindung erfolgt jeweils für fünf Jahre und beträgt das 60-fache der monatlichen Entschädigungszahlung nach § 83 Absatz 1 Nummer 1 bis 5. Auf die Abfindung sind bereits geleistete monatliche Entschädigungszahlungen anzurechnen. Der Antrag für eine Abfindung muss innerhalb 1 Jahres nach Bewilligung der Entschädugungsleistung gestellt werden.

Opfer von Gewalttaten und Gleichstellung

Als Opfer einer Gewalttat erhält bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Absatz 1 Leistungen der Sozialen Entschädigung, wer im Inland oder auf einem deutschen Schiff oder in einem deutschen Luftfahrzeug eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat durch

  • einen vorsätzlichen, rechtswidrigen, unmittelbar gegen ihre oder seine Person gerichteten tätlichen Angriff (körperliche Gewalttat) oder durch dessen rechtmäßige Abwehr oder
  • ein sonstiges vorsätzliches, rechtswidriges, unmittelbar gegen die freie Willensentscheidung einer Person gerichtetes schwerwiegendes Verhalten (psychische Gewalttat wie z.B. alle Arten des sexuellen Missbrauchs, Menschenhandel, etc).
Einer Gewalttat stehen gleich:
  • die vorsätzliche Beibringung von Gift,
  • das Fehlgehen der Gewalttat, so dass sie eine andere Person trifft als die Person, gegen die sie gerichtet war,
  • ein Angriff in der irrtümlichen Annahme des Vorliegens eines Rechtfertigungsgrundes,
  • die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen,
  • die erhebliche Vernachlässigung von Kindern und
  • die Herstellung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung von Kinderpornografie nach § 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 des Strafgesetzbuchs.
Den Opfern von Gewalttaten stehen Personen gleich, die in Folge des Miterlebens der Tat oder des Auffindens des Opfers eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Den Opfern von Gewalttaten stehen weiterhin Personen gleich, die durch die Überbringung der Nachricht vom Tode oder der schwerwiegenden Verletzung des Opfers eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, wenn zwischen diesen Personen und dem Opfer im Sinne des § 13 oder des Absatzes 1 eine enge emotionale Beziehung besteht. Eine solche Beziehung besteht in der Regel mit Angehörigen und Nahestehenden.